Warum 2000 qm?

Wie viel Acker ist genug? Die 2000-qm-Idee unter der Lupe.

Das Projekt Weltacker basiert auf der Annahme, dass jedem Menschen rechnerisch 2000 qm Ackerboden zur Verfügung stehen – vorausgesetzt, man würde alle Ackerflächen der Welt pro Kopf zu gleichen Teilen aufteilen. Auf diesen 2000 qm müsste also alles wachsen, was ein Mensch an pflanzlichen Erzeugnissen im Laufe seines Lebens verbraucht. 

Wie aussagekräftig ist diese Zahl? Und was erzählt sie uns über unsere derzeitige Situation auf dem Planeten Erde, über unsere Chancen und Möglichkeiten, aber auch unsere Limits?

Was steckt hinter der Zahl? 

Als Benedikt Haerlin die Idee eines Weltackers im Jahr 2015 erstmals in Berlin umsetzt, leben rund 7.300.000.000 Menschen auf der Erde. Zur gleichen Zeit geht man von etwa 1,5 Mrd. ha Ackerfläche weltweit aus. Bei gerechter Aufteilung der Gesamtflächen errechnen sich daraus ungefähr 2000 qm pro Mensch. 2000 qm für Nahrung, Rohstoffe für Kleidung und andere Textilien, für Genussmittel wie Tabak und Alkohol, für Biogas und Biodiesel und für das Futter von Nutz- und Masttieren. 

Wie viel Ackerfläche brauchen wir?

2000 qm, ist das viel? Wenig? Reicht das aus? Die Antwort ist einfach: Es hängt ganz und gar davon ab, was man dort anbaut – und wie. Wer einmal einen Weltacker besucht, gewinnt einen Eindruck von der Fläche, die zur Verfügung steht. Klein ist sie nicht grade. Im Gegenteil: sie bietet Platz für den Anbau unterschiedlichster Kulturpflanzen. Die benötigte Fläche variiert zum Teil drastisch. Das Flächenbuffet zeigt, wie viele Quadratmeter bestimmte Ernährungsformen einnehmen: ein Teller Spaghetti Napoli etwa, ein Früchtemüsli mit Sojamilch oder ein Schnitzel mit Pommes. Mit Blick auf nachhaltigen Anbau ist die Fläche allein natürlich nur einer von mehreren Indikatoren für Nachhaltigkeit. Auch hinsichtlich Wasser- und Mineralienverbrauch sind Kulturpflanzen unterschiedlich anspruchsvoll. Aber bleiben wir trotzdem mal bei der reinen Fläche – unseren 2000 qm. 

Schwindendes Land

Mittlerweile, Ende 2019, sind wir bereits über 7,7 Mrd. Erdenbürger*innen. Gleichzeitig gibt es alarmierende Berichte über den Verlust an fruchtbaren Ackerböden. 10 Mio. Hektar gesunder und fruchtbarer Böden „verschwinden“ laut BmZ und UBA pro Jahr, das heißt sie veröden, vertrocknen, werden ausgelaugt durch Überdüngung, Wasserknappheit oder Schadstoffe. Oder sie fallen anderen Nutzungen zu, werden etwa versiegelt, also in Verkehrs- und Siedlungsflächen umgewandelt. In Deutschland betrifft das immerhin noch mehr als 50 ha pro Tag – eine Fläche so groß wie 70 Fußballfelder.

Wenn (potenzielle) Nutzflächen für Ackerbau und Landwirtschaft verloren gehen, müssen diese woanders wieder hergeholt werden. Denn der Verbrauch pro Kopf wird nicht etwa kleiner, sondern größer. In anderen Worten: Die Rohstoffe und Erzeugnisse, die wir Deutschen und Europäer tagtäglich essen oder am Körper tragen, rauchen oder an Biosprit verheizen, wachsen immer häufiger auf anderen Kontinenten. Gleichzeitig driften unsere beiden Parameter – Weltbevölkerung und Ackerfläche – weiter rapide auseinander. 

Wie aussagekräftig sind unsere 2000 qm?

Zwar werden auch neue Flächen für den Ackerbau hinzugewonnen – etwa durch Rodung von Waldflächen. Ökologisch gesehen ist dies jedoch kein nachhaltiger Ausweg, insofern wertvolle Biotope und Ökosysteme verloren gehen. Und noch ein Aspekt relativiert die unsere Zahl von 2000 qm: Die Vergleichbarkeit von Böden untereinander hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit und landwirtschaftlichen Nutzbarkeit. Denn Böden variieren deutlich in ihrem Humusvorkommen, ihrer Zusammensetzung und Topografie (bspw. Hanglagen) sowie der Sonneneinstrahlung. Auch dadurch ist die Nutzbarkeit je Quadratmeter unterschiedlich hoch und im globalen Querschnitt schwer zu ermitteln. 

Es wird klar: die Quadratmeterzahl alleine ist nur bedingt aussagekräftig. Und wie alle Verhältnismäßigkeiten befindet sie sich im Wandel. Die schnell anwachsende Menschheit wird in Zukunft von weniger Ackerfläche pro Kopf leben (müssen). Bis 2050 wird die Fläche pro Mensch voraussichtlich nur noch 1500 qm groß sein.

Wie drastisch sich das auf unsere Lebensgewohnheiten, unseren Wohlstand und unsere Wirtschaftsweisen auswirkt, hängt jedoch einzig und allein davon ab, wie wir mit den verfügbaren Flächen umgehen.

Es ist genug für alle da – eigentlich!

Im Zentrum stehen die Fragen nach der Nutzung und Verteilung der weltweiten Ackerflächen, mit denen sich auch der Überlinger Weltacker beschäftigt. Denn egal ob 2000 qm oder „nur“ noch 1500 qm – die gute Nachricht lautet: Im Prinzip ist genug für alle da! Allerdings nur, wenn wir die Ackerböden nachhaltig pflegen, auf ausreichend Regeneration achten, den Erhalt der Artenvielfalt fördern und unseren Lebensstil auf eine nachhaltige Landwirtschaft umstellen. Je nach dem, was wir anbauen – also wie wir uns ernähren – nutzen wir die uns zur Verfügung stehende Ackerfläche mehr oder weniger zukunftsfähig. Zur Lösung trägt jeder und jede Einzelne bei, tagtäglich, in den alltäglichen Kauf- und Konsumentscheidungen.